Stresemann [2021]

Ich sitze hier beim kühlen Bier,
der Wind rauscht durch die Blätter,
am Ende war der sperrige Held
für viele gar ein Retter.

Du lebtest in den dunklen hundert Jahren, *1
Dein Schicksal war hier früh’ zu gehen,
Kann man eine Republik zu Grabe tragen,
man kann, und kommendes Unglück sehen.

Die Währung liegt am Boden,
geniale Tat, die Rentenmark,
kannst Du morgen noch die Demokratie retten,
ein Deal mit Briand *2 es doch vermag?

Des Bierhändlers Sohn,
ein Held der Demokratie,
mit dem Rücken zur Wand,
die goldenen Zwanziger – in Ironie.

Was kann man von Dir lernen,
deine Adern waren nicht aus Stahl,
Wie man aus Dreck Gold spinnt,
eine Aura von Versöhnung und Moral.

Als sie Dich zu Grabe trugen,
in diesem verdammten Jahr *3
triumphierten die Radikalen,
doch ein Friedensnobelpreis
überstrahlt die Eindimensionalen klar.

Wenn wir schimpfen, auf hohem Niveau,
und wir denken, Politik ist doch bloß für die Talkshow
dann denk ich an Dich, du sinisterer Held,
Wo andere hinschmeißen, da rettest Du eine Welt!

In Gedenken an Gustav Stresemann, mehrfacher Kanzler und Außenminister der Weimarer Republik, 1878-1929, einem wahren Helden.

*1 Zeit von 1849 – 1948
*2 Aristide Briand, französischer Außenminister, Zeitgenosse von Gustav Stresemann
*3 1929, Todesjahr von Gustav Stresemann und Beginn der Weltwirtschaftskrise

Dazu passt folgende Musik

Und ausnahmsweise auch ein Link zum Musikvideo: “Eye of the Tiger” von Jenn Grant

Kai

About the author

Geboren 1971 in Gießen / Hessen, Lyrik-Autor