Musik trägt [2024]

Als Du damals die Stiege hoch hechtest,
Die aus Ihrem Keller in das Morgengrauen führte,
Brannte noch die Straßenbeleuchtung in kaltem Neon
Unter wolkigem Himmel, deren Wolken nicht gemolken werden wollen
Fliehst Du aus dem Vorstadt-Dschungel, aus dem großem
Talkessel Deiner Einbildung.
Scheinwerfer bahnen Dir einen Weg im frühen Morgen,
Friedhöfe, Gartencenter, Kirchen, Höfe, salutieren
Dir, in dem Sie sich im Lichtkegel wegducken –
Von Ihren Lippen zum Germknödel.
Komische Reise, und Du haust die U2-Kasette rein.
Wieder so ein blutiger, scheiß Sonntag,
Blutig nicht nur in Ulster, blutig auch das Gemetzel
In Euren Seelen – Rhythmus des Schlagzeugs hämmert
Musik trägt – auch jetzt, selbst jetzt
Der Rhythmus des Schlagzeugs spannt ein Gitter
In das Du dich bis zum Auftauchen des Spider-Mannes
Fallen lassen kannst – oder?

Wir waren die “Riders on the Storm”, wie Jim* sagt,
Schon richtig, und sind die Schlange geritten,
Bis Sie uns jäh abgeworfen hat, jäh sind wir im
Strudel des Vergessens gelandet, im Strudel
Des gegenseitigen Aufeinander-deutens.
Lichter im Club blitzen hektisch und tauchen
Die wilde Meute in Farbfetzen, Bass ist wie in Trampolin,
Welches Dich in die Höhe katapultiert.
“La Rète”, das Netz der Musik hält dich, fängt Dich,
Spült Dich noch oben, du gurgelst auf der Gischt
In der Kirche an die Orgel, die sich nach Bach* sehnt.
Sitzt Du, Tibia-Pfeifen sehnen sich nach der Toccata
In D-Moll. Sollst Du, Du Schlangenreiter, allen
Ernstes die Notenlinie in Deinem Kopf reproduzieren?
Musik trägt Dich auch jetzt, denn Du gehst durch
Den Vorhang der Verwandlung.

Musik trägt Dich immer, weil Sie immer in Dir war
Von Anfang an, und immer sein wird, auch wenn Du
Deinen Vorhang hinter dir zugezogen hast.

„Liebe kann dich nicht vor deinem eigenen Schicksal retten.“ (*Jim Morrisson)

*Bach = Johann Sebastian Bach.

Zu diesem Lyrikbeitrag passt folgender Song:








Kai

About the author

Geboren 1971 in Gießen / Hessen, Lyrik-Autor